Tischler-schreiner.org Icon
Holzmöbel

Art-Déco-Möbel: Extravagant aber empfindlich

Tischler-Schreiner.org Team
Verfasst von Tischler-Schreiner.org Team
Zuletzt aktualisiert: 12. November 2019
Lesedauer: 6 Minuten

Art Déco – die dekorative Kunst. Möbelstücke aus dieser Epoche haben einen unvergleichlichen Charme – gleichzeitig sind sie aber auch viele Jahrzehnte alt und bedürfen spezieller Pflege.

Art-Déco-Stücke

Art-Déco-Stücke wie dieses Grammophon sind kostbare Antiquitäten, Jahrzehnte alt. Die Renovierung ist sehr aufwändig. © Firelong (CC0-Lizenz), pixabay.com

Art Déco, der große Stil der 1920er bis 1940er Jahre – Florale Muster, scharfe Kontraste und das immer noch nachhallende Gefühl des unabdingbaren Glaubens an technischen Fortschritt – ein mehr als deutlicher Unterschied zu heutigen Möbelstilen und schon deshalb von vielen begehrt, aber auch dementsprechend kostbar. Während Bauwerke aus dieser Zeit auch heute noch steinerne Zeugen sind, sieht die Marktlage bei originalen Möbelstücken etwas düsterer aus: Sofas, Schränke und auch kleinere Elemente wie Lampen haben die vergangenen Jahrzehnte meist weniger gut überstanden als Gebäude: Vieles wurde auch Opfer neuer Trends und verschwand ungeachtet der hochwertigen Arbeiten schlicht auf dem Sperrmüll.
Das ist der Grund, warum originale Art-Déco-Möbel heute mehr denn je ein absoluter Fall für den Fachmann sind. Was es dabei zu beachten gibt, erklärt der folgende Artikel.

Die Oberflächen: Empfindlich

Schon die äußerste Schicht eines solchen Möbelstücks ist nach seinen rund 70 Lebensjahren höchst fragil. Das liegt vor allem daran, dass die Materialien einem Alterungsprozess unterworfen sind: Art Déco zeichnete sich unter anderem auch darin aus, dass hier zum ersten Mal großmaßstäblich mit industrieller Massenfertigung von Möbeln experimentiert wurde – nicht immer zum Vorteil der dauerhaften Haltbarkeit von Materialien und Beschichtungen.
Ein solcher Fall ist die häufig verwendete Schelllackpolitur: Schelllack ist ein natürliches Material, das aus der Lackschildlaus, einem Insekt, gewonnen wird. Das Problem dabei: Selbst wenn die einstmals hochglänzende Schelllack-Schicht auf einem Art-Déco-Tisch „nur“ im Lauf der Zeit matt geworden ist, wird es für Heimwerker nahezu unmöglich, sie wieder in Eigenregie auf Hochglanz zu bringen: Eine
solche Politur ist eine mehrtägige Arbeit, die sich durch die Wahl immer feinerer Poliermittel auszeichnet, die in Verbindung mit mehreren Schichten von in Ethanol gelöstem Schelllack langsam zu einer spiegelblanken Oberfläche werden – ein unglaublich aufwendiger Prozess. Und wenn der Schelllack gar Risse oder Absplitterungen aufweist, muss er mit ziemlicher Sicherheit vollständig erneuert werden.
Gleiches gilt auch für chromglänzende Verzierungen: Hier könnten noch nicht einmal bestens mit Lackierwerkzeugen ausgestattete Handwerker etwas tun, denn Chrom ist kein Lack, sondern das Ergebnis eines galvanischen Prozesses: Der Schreiner baut also das entsprechende Teil ganz ab und übergibt es einem Beschichter, der den ganzen Chrom entfernt und ihn in einem mit Spannung belegten Säurebad neu aufbringt.

Die Preise: Hoch

Wie bereits angedeutet, sind die Preise für Art Déco recht hoch. Und im Gegensatz zu vielen anderen Stücken und Stilen gilt das auch für solche Exemplare, die einer Aufbereitung von Grund auf bedürfen. Das bedeutet, das Sparpotenzial, das bei anderen Vintage-Möbeln durch Eigenarbeit vorhanden ist, fällt bei Art Déco meistens weg. Allerdings haben diese Möbel einen gewaltigen Vorteil: Sie wurden noch in Massivbauweise hergestellt. Spanplatten und andere Faserverbunde wie sie in den 60er Jahren aufkamen, finden sich hier keine. Und somit gilt: Auch stark vom Zahn der Zeit bearbeitete Art-Déco-Stücke können von Profis meist noch repariert werden – allerdings dann zu einem entsprechenden Preis, der sich vor allem durch die zwingend erforderliche Handarbeit wiederspiegelt. Wie fertig restaurierte Möbelstücke aussehen können und mit welchen Preis je nach Möbelstück zu rechnen ist, zeigt die Firma OAM auf ihrer Webseite. Die Kosten einer solchen Arbeit sollte ein originales Stück wert sein – zumal die Zahlen immer noch weiter sinken, da längst nicht jeder Besitzer von Art Déco dessen Wert erkennt oder richtig einschätzen kann.

Art Déco: Neu

Der Nachteil von originalen Stücken ist der, dass Kunden hier zwangsläufig mit dem leben müssen, was auf dem Markt erhältlich ist: Dabei bleibt individuelles Design auf der Strecke: Ein Art-Déco-Sideboard aus den späten 20ern passt oder passt eben nicht in die gewünschte Ecke des Wohnzimmers – verbreitern oder kürzen ist kaum möglich.
Wem die Historie eines solchen Stücks weniger wichtig ist als das Design an sich, der kann freilich auch eine komplette Neufertigung in Auftrag geben – für einen Kunstschreiner macht es wenig Unterschied, ob er ein Möbelstück im Bauhaus-Stil, Jugendstil oder eben Art-Déco fertigt – das Handwerk ist das gleiche.
Das hat natürlich dann gleich mehrere gewichtige Vorteile:

  • Die Möbel können gänzlich nach Kundenwünschen gestaltet werden
  • Einpassungen auf genaue Abmessungen bestimmter Räume sind problemlos möglich
  • Das Möbelstück ist gänzlich neuwertig, es müssen keinerlei altersbedingte Abstriche in Kauf genommen werden

Und hier kommt dem Fachmann noch eine zusätzliche Aufgabe hinzu: Nicht jeder mit dem Wunsch nach Art Déco in seiner restaurierten Altbauwohnung hat auch die entsprechenden Kenntnisse über die Feinheiten dieser äußerst weitläufigen Stilrichtung und kann genaueste Vorgaben über seine Wünsche machen. Daher müssen solche Kunden dann mit Profis zusammenarbeiten, die sich nicht nur auf die hochwertige Herstellung an sich verstehen, sondern auch auf das ganz spezielle Design. Und naturgemäß muss auch in diesem Fall erwähnt werden: Hier hat Qualitätsarbeit ebenfalls ihren Preis, der sich kaum von der einer Totalrestauration unterscheiden wird – allerdings bekommen Interessenten dann als Gegenleistung ein absolutes Unikat, das allein deshalb schon eine Wertanlage mit Stil darstellt.

Die Pflege

Ob bei restaurierten oder mit alten Techniken oder Materialien gefertigten Art-Déco-Möbeln gilt grundsätzlich: Der Pflegeaufwand ist der gleiche. Wie angedeutet ist vor allem Schelllack zwar normalerweise ein recht robustes Material, aber keineswegs so unempfindlich wie moderne Kunstharzlacke.
Besitzer solcher Möbel sollten es daher grundsätzlich vermeiden, heiße Gegenstände darauf abzustellen, etwa Tassen mit Kaffee. Und darüber hinaus sollte die Reinigung nur mit weichen Tüchern und bei Flecken mit Wasser erfolgen. Im äußersten Fall darf laut dem Magazin Focus Schmierseife zum Einsatz kommen, niemals jedoch herkömmliche Möbelpolitur.
Wenn die Stücke hingegen aus unlackiertem Holz bestehen, dann gelten für sie die gleichen Pflege-Regeln, die hier zusammengefasst sind.

Fazit

Im Möbelbereich ist Art Déco einer der interessantesten Stile überhaupt. Allerdings auch einer, der sich kaum von Laien fachgerecht restaurieren lässt. Allein schon wegen des Alters solcher Stücke sollte die Aufarbeitung nur dem Profi überlassen werden. Auch, weil nur er sich mit der Verarbeitung von Materialien wie Schelllack so gut auskennt, dass das Ergebnis wirklich so aussieht, wie bei seiner Herstellung in den „Roaring Twenties“. Wenn Sie Ihre Möbelstücke entsprechend Restaurieren möchten, wenden Sie sich am besten an einen Fachmann.

Über unsere*n Autor*in
Tischler-Schreiner.org Team
Tischler-Schreiner.org ist das Branchenverzeichnis für Fachbetriebe, die sich auf die Verarbeitung von Holz spezialisiert haben. Die Redaktion von Tischler-Schreiner.org erstellt regelmäßig Ratgeber und gibt Tipps zu allen Themen, die sich mit Holz in Ihrem Zuhause beschäftigen: von Holzböden über Holzmöbel bis hin zu Treppen und Zäunen.