Wenn ein Raum oder Gebäude so gestaltet ist, dass jeder ihn ohne fremde Hilfe betreten und nutzen kann, dann spricht man von Barrierefreiheit. Ein barrierefreier Raum ist also nicht nur für zum Beispiel Rollstuhlfahrer oder Senioren, sondern auch für Blinde oder Gehörlose zugänglich.
Was heißt barrierefrei?
Die Gestaltung barrierefreier Wohnräume ermöglicht Senioren, Kindern, Seh-, Gehör- und Gehbehinderten Menschen die Freiheit, sich sicher und ohne fremde Hilfe in Räumlichkeiten zu bewegen und diese zu nutzen. Da die Küche einen der am häufigsten genutzten Wohnräume darstellt, ist die Umgestaltung zu einer barrierefreien Küche eine Investition in die Zukunft, die Sie auf alle Lebenslagen vorbereitet. Die Planung einer barrierefreien Küche sollte ein gut durchdachtes Unterfangen sein, da die Küche den individuellen Anforderungen der zukünftigen Nutzer und ihrer Schwächen entsprechen muss. Erfahren Sie auf Tischler-Schreiner.org, wie Sie Ihre barrierefreie Küche gestalten können, welche Vorteile es mit sich bringt und welche Kosten Sie einplanen müssen.
Was ist der Unterschied zwischen barrierefrei, seniorengerecht und rollstuhlgerecht?
Die Begrifflichkeiten barrierefrei, seniorengerecht und rollstuhlgerecht lassen sich klar voneinander abgrenzen:
- Eine seniorengerechte Küche versucht altersbedingte Schwächen auszugleichen, so dass Jung und Alt Spaß am Kochen haben können. Mittels verbesserter Ergonomie und einem erhöhten Komfort durch zum Beispiel erhöhte Elektrogeräte und Ausstattungsgegenstände (Backofen oder Geschirrspüler) wird Senioren ein schmerzfreier Kochspaß ermöglicht, da sie sich weniger bücken müssen. Zusätzliche Sitzgelegenheiten, die auch während des Kochens genutzt werden können, entlasten betagte Menschen zusätzlich. Durch die Verwendung spezieller Küchengeräte wird zudem ein höheres Maß an Sicherheit gewährleistet und das Verletzungsrisiko gesenkt. Barrierefrei oder rollstuhlgerecht sind seniorengerechte Wohnräume allerdings nicht.
- Die behindertengerechte Küche zeichnet sich durch eine individuelle und behindertengerechte Einrichtung und Ausstattung aus, die es Seh-, Geh- und Hörbehinderten ermöglicht, sicher und barrierefrei zu kochen. So können etwa in einer Küche für sehbehinderte Menschen Schubladen und Schränke in Blindenschrift beschriftet sein, um ihre Inhalte zu kennzeichnen, oder Schranktüren werden gepolstert, um zu verhindern, dass man sich an geöffneten Türen aus Versehen den Kopf anstößt. Und statt auf akustische Warnsysteme setzen Küchen für Hörgeschädigte beispielsweise auf Lichtsignale.
- Eine rollstuhlgerechte Küche weist alle Merkmale von Barrierefreiheit auf und ermöglicht es Gehbehinderten, sich frei und ohne Hindernisse in der Küche zu bewegen. Die rollstuhlgerechte Küche muss jedoch noch andere Anforderungen, wie etwa ein größeres Platzangebot oder die Unterfahrbarkeit von Möbeln, erfüllen: Entsprechend der Rollstuhlhöhe werden Küchenzeile, Arbeitsflächen und der Zugang zu Elektrogeräten auf die jeweilige Person zugeschnitten.
- Eine barrierefreie Küche ist für behinderte Menschen genauso ohne Einschränkungen nutzbar wir für Menschen ohne Behinderungen. Die Norm zum barrierefreien Bauen hat die Barrierefreiheit baulicher Anlagen im Sinne des deutschen Behindertengleichstellungsgesetzes (BGG) § 4 zum Ziel.
Kann jede Küche barrierefrei umgebaut werden?
Um ein barrierefreies Wohnen zu ermöglichen und somit auch den Bereich Küche mit dem Merkmal der Barrierefreiheit zu kennzeichnen, müssen einige Voraussetzungen erfüllt sein. Lesen Sie im Folgenden, welche Grundfläche gegeben sein muss, um das Erbauen einer barrierefreien Küche und somit auch ein barrierefreies Leben umzusetzen.
Ist der Raum für eine barrierefreie Küche groß genug?
Nicht jede Küche kann in eine behindertengerechte Komfort-Küche umgebaut oder aufgerüstet werden. Je nach Behinderung muss eine gewisse Grundfläche vorhanden sein, um Bewegungsfreiheit mit behindertengerechter Ausstattung vereinen zu können: Rollstuhlfahrer benötigen mindestens einen Durchmesser von 1,5 Metern Wendefläche, um sich frei und sicher bewegen und drehen zu können. Auch die Türen und Durchgangsbereiche müssen breit genug für den Rollstuhl sein und genug Bewegungsfläche bieten (mindestens 90 Zentimeter). Die Wandöffnungsmaße für die Innentüren darf ebenfalls nicht vergessen werden. Gleichzeitig muss genügend Raum geboten sein, um die ideale Küche mit Arbeitsflächen und behindertengerechter Einrichtung umsetzen zu können. Hierbei gilt es, den Öffnungsradius von Schranktüren sowie den Umbau entsprechender Anschlüsse, Abflüsse, Schalter und Steckdosen zu beachten..
Wie kann eine barrierefreie Küche aussehen?
Bei der Planung einer barrierefreien Küche können Sie Ihren persönlichen Geschmack durch die Auswahl der Materialien und des Designs in die Kücheneinrichtung einfließen lassen. Auch bei der Wahl von barrierefreien Möbeln, Elektrogeräten und anderer Ausstattungsgegenständen haben Sie verschiedene Möglichkeiten und Hersteller, auf die Sie zurückgreifen können. Bei der rollstuhlgerechten Küche müssen Tische, Arbeitsbereiche, Schranksysteme und Küchengeräte an die Höhe des Rollstuhls angepasst werden. Generell bietet sich eine Anordnung über Eck für Kochstelle, Spüle und Arbeitsbereich an. Sie können aber auch L- und U-Formen gestalten. Der Bodenbelag einer barrierefreien Küche sollte rollstuhlgeeignet und rutschhemmend sein. Hoch- und zurückgesetzte Sockel schaffen Platz für Rollstuhlfußrasten, um diesen zu sichern.
Arbeitsfläche
Höhenverstellbare Arbeitsflächen ermöglichen eine individuelle Nutzung der barrierefreien Küche. Per Knopfdruck können Sie die Höhe des Arbeitsbereiches je nach Bedarf anpassen. Um die Sicherheit zu erhöhen sollten rund um den Arbeitsbereich Haltegriffe zur Verfügung stehen. Ausschwenkbare Tische unter den Arbeitsflächen erhöhen die Funktionalität dieser für Rollstuhlfahrer. Für diese müssen alle Arbeitsflächen natürlich unterfahrbar sein.
Ober- und Unterschränke
Unterschränke sollten seitwärts ausfahrbar sein und sich zum Beispiel mittels elektrischer Steuerung verschieben lassen, um zugänglich für Rollstuhlfahrer zu sein ohne diese bei der Arbeit zu stören. Schwingtüren sind bei großen Küchen möglich, allerdings stellen Schiebe- oder Falttüren die vorteilhaftere Wahl dar. Es können auch Rollcontainer als Ersatz für Unterschränke eingesetzt werden. Oberschränke sollten möglichst niedrig aufgehängt werden oder über Oberschrankliftsystem verfügen. Für Sehbehinderte bieten sich Ordnungssysteme zur Inneneinteilung und Schubladenrtrenner an, die helfen sich zurecht zu finden. Glaseinlegeböden und -fronten ermöglichen einen besseren Überblick in den Schranksystemen.
Kühlschrank, Spüle und Herd
Herd, Kühlschrank und Spüle sollten auf individuell angepasster Höhe montiert sein, um einen größtmöglichen Komfort zu garantieren. Ein Induktionskochfeld reduziert die Verbrennungsgefahr. Die Backofentür öffnet sich am besten seitlich mit einer nahgelegenen ausziehbaren Abstellfläche für heiße Speisen. Für blinde Menschen eignen sich die herkömmlichen Herde nicht: Hier wird ein spezieller Herd gebraucht, der auch über akustische Signale verfügt, um zum Beispiel Garzeiten anzuzeigen. Die Dunstabzugshaube sollte ebenfalls ferngesteuert sein, um eine individuelle Steuerung zu ermöglichen. Die Spüle muss flach genug sein, um für Rollstuhlfahrer auch erreichbar zu sein und über einen langen Brauseschlauch verfügen.
Tisch und Sitzgelegenheiten
Für Ältere sollten Sitzgelegenheiten wie Hocker, in Nähe der Arbeitsbereiche integriert sein, um das Arbeiten in der Küche angenehmer zu gestalten. Tische müssen für Rollstuhlfahrer unterfahrbar sein. Alle Kanten und Ecken sollten abgerundet sein.
Elektrogeräte
Besonders für Sehbehinderte müssen spezielle Elektrogeräte in die Küche integriert werden, damit sie diese auch sicher nutzen können. So gibt es Geräte die sprechen können oder die mit einfach zu ertastenden Bedienelementen ausgestattet sind. Auch die Lichtschalter und Steckdosen müssen angepasst werden. Sie sollten unterhalb der Arbeitsplatten integriert sein. Schwere Küchengeräte können mittels Liftsystem zugänglich gemacht werden.
Barrierefreie Fertigküche oder Maßanfertigung?
Haben Sie Interesse am Einbau einer barrierefreien Küche oder möchten Ihre alte Küche zu einer Komfort-Küche aufrüsten lassen? Dann stellt sich die Frage der konkreten Planung und Umsetzung. Da das barrierefreie Bauen eine durchdachte Planung und Kostenkalkulation erfordert, empfiehlt sich die Hilfe eines Fachmanns. Dennoch sind Sie es, die sich zwischen einer Fertigküche oder einer Maßanfertigung entscheiden müssen.
Die maßgefertigte Küche hat den Vorteil individuell geplant und für eine optimale Nutzbarkeit auf Ihre Person zugeschnitten zu sein. Je nach Größe der Räumlichkeit und individuellen Anforderungen kann eine maßgeschneiderte Küche viele Vorteile mit sich bringen: Sie können sich zusätzliche barrierefreie Möbel und Ausstattungsgegenstände einbauen lassen, wie zum Beispiel ausziehbare, hitzebeständige Arbeitsflächen unter dem Backofen, absenkbare Hängeschränke oder höhenverstellbare Arbeitsplatten. Gleichzeitig sind Fertigküchen meist kostengünstiger und bieten einen ähnlichen Service der Barrierefreiheit. Fertigküchen ermöglichen Ihren Nutzern Komfort, Bedienerfreundlichkeit und praktischen Nutzen.
Was kostet eine barrierefreie Küche?
Die Kosten für eine barrierefreie Küche sind von verschiedenen Faktoren abhängig, zum Beispiel Neueinbau oder Umbau, Fertigküche oder Maßanfertigung, Größe und individuelle Anforderungen, sowie Sonderanfertigungen. Die geringsten Kosten entstehen, wenn nur Einzelteile der Küche barrierefrei umgerüstet werden. Hocheinbauten von Backofen oder Spülmaschine werden inzwischen auch bei herkömmlichen Küchen durchgeführt, so dass hier geringe Mehrkosten entstehen. Je nach Schweregrad und Art der Behinderung und den individuellen Anforderungen kann es ausreichen nur Teile der Küche barrierefrei umzubauen. Eine barrierefreie Küche, die für einen Sehbehinderten geeignet ist, muss auch mit speziellen Elektrogeräten ausgestattet. Diese sind meist teurer als herkömmliche Elektrogeräte.
Der Einbau einer kompletten barrierefreien Küche beginnt laut der Website Nullbarriere bei circa 9.000 Euro. Um die Nullbarriere zu gewährleisten müssen je nach Behinderung Türen, Armaturen, Steckdosen etc. umgebaut werden. So beläuft sich das Anpassen von Türen auf über 600 Euro und die Montage von spritzwassergeschützten Steckdosen an Waschbecken auf über 180 Euro. Die Montage von einem unterfahrbaren Elektroherd, barrierefreier Küchenarmatur und Arbeitsplatte kostet über 1.500 Euro. Maßanfertigungen, die individuell angepasst werden, sind preislich meist teurer als Fertigküchen. Ein hochgebauter Backofen beginnt bei circa 170 Euro und eine hocheinbaufähige Spülmaschine bei circa 250 Euro. Ein Hängeschrankliftsystem kann bei circa 2.000 Euro beginnen (Quelle: www.barrierefrei.de). Beim Hersteller Granberg beispielsweise gibt es Liftsysteme für Hängeschränke ab circa 1.400 Euro.
Welche Förderungen für barrierefreies Wohnen und Bauen gibt es?
Das Bauen einer behindertengerechte Küche bringt hohe Kosten mit sich, die nicht jeder so ohne weiteres aufbringen kann. Sind die notwendigen Voraussetzungen erfüllt, so kann es einen Zuschuss von derzeit bis zu 4.000 Euro von der Pflegekasse für den Küchenumbau oder Neueinbau geben. Einige Voraussetzungen sind beispielsweise das Vorhandensein eines Pflegegrades und eine verbesserte Selbstständigkeit und Erleichterung der Pflege durch die barrierefreie Küche.