Aufgrund baulicher Sicherheitsanforderungen sind geradläufige Treppen grundsätzlich bevorzugt. Nichtsdestotrotz kann eine Wendeltreppe durch ihre optische Exklusivität überzeugen und kommt in unterschiedlichsten Ausführungen daher, die die Innenarchitektur nicht nur spannender, sondern mitunter auch platzsparender gestalten. Tischler-Schreiner.org informiert Sie über die gewendelte Treppe aus Holz!
Der Ursprung klassischer Wendeltreppen findet sich in Turmbauten wie Burgen, Schlössern oder Kirchen. Die radiale Stufenanordnung folgte dem Grundriss des Turmes und bot einen platzsparend verbauten Aufstieg. Auch entpuppte sich dieser früher als Verteidigungsvorteil gegenüber emporkommenden Angreifern, da diese beim Ausholen des Schwertes durch die Mittelsäule behindert würden. Die heutzutage überwiegend orthogonalen Grundrisse und die gestiegenen Sicherheitsverordnungen im Treppenbau haben die platzsparenden Eigenschaften der gewundenen Treppe fast gänzlich negiert. Doch der architektonische Reiz einer Wendeltreppe ist ungebrochen, zumal diese als Blickfang besonders in großräumigen, öffentlichen Gebäuden verbaut werden. Doch auch in Ein- oder Zweifamilienhäusern sind halb- oder viertelgewendelte Treppen weit verbreitet.
Die Verbreitung von Wendeltreppen
Eine Wendeltreppe mag Ihnen heutzutage wohl zumeist als außenliegende Fluchttreppe aus Stahl ins Auge fallen. Doch selbst diese sind aufgrund baurechtlicher Verordnungen keine notwendigen Treppen und somit nicht als erster und einziger Fluchtweg zulässig. Die Sicherheitsbestimmungen der DIN 18065 Gebäudetreppen veranlassen sogenannte notwendige Treppen, welche als Rettungsweg nicht-ebenerdiger Geschosse unabdinglich sind.
Diese notwendigen Treppen müssen je nach erwarteter Benutzeranzahl in festgelegter Vielzahl vorhanden sein und entsprechende Mindestabmessungen wie Breite, Steigung und Schrittmaße erfüllen, womit Wendel- und Spindeltreppen als solche unzulässig sind. Auch die eigentliche Platzersparnis einer Wendeltreppe ist hier nichtig, da nach einer festgelegten Stufenanzahl (zumeist höchstens 18 Stufen) ein Podest zwischenverbaut werden muss und der nahtlose Treppenlauf der Treppe somit unterbrochen wird. Aus diesen Gründen finden sich besonders eindrucksvolle Wendeltreppen heutzutage eher in großräumigen Foyers öffentlicher Gebäude, wo sie als zweite, nicht notwendige Treppe als architektonischer Blickfang dienen.
Ausgenommen von diesen Regelungen sind die Treppen in Ein- und Zweifamilienhäusern – besonders hier sind Wendeltreppen in unterschiedlichsten Ausführungen weit verbreitet und im Holz-Look nicht nur optisch ein Hingucker, sondern auch ein architektonisch kluger Aufstieg, der sich in dem vergleichsweise kleinen Wohnraum als platzsparend erweist.
Wendeltreppen und ihre Bauarten
Eine Wendeltreppe folgt heutzutage nur mehr selten der klassischen, schraubenförmigen Windung und mag Ihnen in einer entsprechenden Ausführung vielleicht nicht als Wendeltreppe auffallen. Mögliche Bauformen sind unter anderem Folgende:
- Windet sich die Wendeltreppe über sogenannte Frei- oder Innenwangen um ein Treppenauge, also dem Luftraum, der von den Treppenläufen umschlossen wird, so wird diese auch als Hohltreppe bezeichnet.
- Gegenteilig spricht man von einer Spindeltreppe, wenn die Treppen an einem innenliegenden Stützpfeiler, einer „Spindel“, verbaut sind. Eher seltener und ausgefallener sind Ausführungen per Seilabhängung oder zweiarmiger Konstruktion.
- Eine sogenannte viertelgewendelte Treppe weicht gänzlich von der klassischen Schraubenstruktur einer Wendeltreppe ab und bildet eine Kombination dieser und gerader Treppenläufe. Der Treppenverlauf dreht sich hier um 45°, wobei die Wendelung entweder im An- oder Austritt erfolgen kann.
- Ähnlich verhält es sich mit einer halbgewendelten Treppe. Im Gegensatz zu geraden Treppenläufen kann hier viel Platz gespart werden, was diese Bauart besonders beliebt in kleineren Wohnhäusern macht: Immerhin etwa ein Drittel aller Treppen von Ein- und Zweifamilienhäusern verläuft halbgewendelt. Von An- zu Austritt dreht sich die Treppe um 180°, wobei der mittlere Treppenarm kürzer ist als der An- und Austrittsarm. Ist dieser länger, so spricht man von einer zweiviertelgewendelten Treppe.
Materialtechnisch bieten sich heutzutage viele Möglichkeiten, eine Wendeltreppe bauen zu lassen. Neben Größe, Bauart und Montageaufwand ist dies maßgebend für den Preis Ihrer Treppe. Mögliche Materialien sind Stahl, Naturstein, Betonwerkstein, Gusseisen oder sogar Glas – das für den Innenbereich sicherlich weitverbreitetste, exklusivste und gleichzeitig praktischste Treppenmaterial, stellt jedoch sicherlich das Holz dar. Einfach und schlicht hält es sich hier mit Kiefernholz, während im hochwertigen Bereich eher härtere Hölzer wie Buche, Eiche oder tropische Edelholzarten wie Teak oder Bangkirai zum Einsatz kommen.
Das Verziehen der Wendeltreppenstufen
Besonders bei viertel- und halbgewendelten Treppen, bei denen ein Übergang zwischen geraden und gekurvten Stufen besteht, ist das fachgerechte Verziehen der Stufen aus Sicherheits- und auch Bequemlichkeitsgründen unabdingbar. Dies bedeutet, dass die an der Innenwange der Treppe liegende Stufenbreite verkleinert und der an der Außenwange liegende Auftritt möglichst gleichmäßig vergrößert werden muss.
Das Verziehen der Stufen ist abhängig vom Raumbedarf der Treppe und der Platzierung der Wendelung. Nicht zuletzt da man sich auch hier an bauliche Vorschriften halten muss, ist die komplizierte Berechnung der Wendeltreppe Aufgabe des Fachmannes. So dürfen im geraden Teil der gewendelten Treppe nur verzogene Stufen bis zum 3,5-Fachen des zulässigen Auftritts verbaut werden; spätestens danach muss eine gerade Stufe folgen. Spitzstufen sind baurechtlich verboten und es sollte weiterhin darauf geachtet werden, dass eine Stufe nicht mittig in einer Raumecke abschließt, da diese sonst nur schwer zu reinigen wäre.

Über unseren Experten
Lars Oemmelen ist Teil der Geschäftsstelle des Bundesverbands Treppen- und Geländerbau e.V. (BVTG). Zweck des Verbandes ist die Förderung des Treppen- und Geländerbaus. Gemeinsam mit dem Vorstand des Bundesverbandes Walter Heinrichs beantwortet er die Fragen von Tischler-Schreiner.org rund um den Bau von Treppen.
» Zum Treppenbau Experten-Interview mit
Bildnachweis: Treppen- und Geländerbau e.V. (BVTG)